24-04-14 Gott ist einfach da
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Jesaja 43,1
Im berühmten Coburger Mohren-Café stand früher eine kindergroße Figur mit nachtschwarzem Gesicht unter dem roten Turban und präsentierte eine riesige Schokoladentafel. Von diesem Anblick konnte ich mich kaum losreißen, wenn wir auf dem Weg zur Adventkapelle dort vorbeikamen. Einmal wurde mir die Woche einfach zu lang, ich konnte den nächsten Samstag nicht erwarten. Also kletterte ich über den Gartenzaun des Kindergartens und marschierte stadteinwärts bis zum ersehnten Schaufenster. Nachdem ich mich sattgesehen hatte, drehte ich um, bog irgendwo falsch ab und landete in einer ganz fremden Gegend. Die Straße brütete in der Mittagssonne, weit und breit war kein Mensch zu sehen. Ich wagte nicht, irgendwo zu klopfen oder zu klingeln, um nach dem Weg zu fragen. Da überfiel mich Panik. Blindlings raste ich los und wollte gerade über die Straße rennen, als jemand meinen Namen rief: „Sylvia! SYLVIA! SYLVIA!" Ich stockte mitten im Lauf und fuhr herum, denn da war offenbar einer, der mich kannte! In diesem Moment donnerte ein Laster an mir vorüber. Starr vor Schreck sank ich auf den Bordstein. Damals war ich knapp fünf Jahre alt, doch mir war klar: Ohne diesen Ruf der fremden Stimme läge ich jetzt tot auf der Straße. Aber noch etwas dämmerte mir: Jemand hatte meinen Namen gerufen, weil er mich retten wollte. Zu sehen war keiner. Ich erinnerte mich an Geschichten aus der Bibel, an die Sklavin Hagar, die vom Himmel herab von Gott gerufen wurde. Auf einmal hatte ich keine Angst mehr. Ich sagte: „Lieber Gott, danke, du hast mich beschützt. Bitte bring mich heim." Dann ging ich langsam weiter, fand einen Polizisten, knickste höflich und sagte: „Herr Schutzmann, ich habe mich verlaufen. Bitte helfen Sie mir." Die Adresse wusste ich. Er nahm mich an der Hand und ich erzählte ihm von der geheimnisvollen Stimme. Er fragte: „Dann gibt es Schutzengel wirklich?" Ich sagte: „Ja, und der liebe Gott hat mir meinen geschickt." „Und du bist sicher, dass sonst kein Mensch auf der Straße war?" „Dort kannte mich auch niemand", sagte ich. „Aber Gott kennt dich?", hakte er nach. „Er kennt jeden!", nickte ich. Seither habe ich nie daran gezweifelt.
Sylvia Renz
Bibellese:
Morgens: 2. Samuel 3–5
Abends: Lukas 14,25–35
© Advent-Verlag Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung
Die hier wiedergegebene Andacht ist aus dem Andachtsbuch des Advent-Verlag Lüneburg entnommen. Die folgenden Links führen zu verschiedenen Versionen des aktuellen Andachtsbuchs: als Buch, als PDF.